von Marxelinho

Enge Liga

Hertha wird auch nach dem fünften Spieltag auf einem einstelligen Tabellenplatz stehen. Allerdings sieht die Tendenz momentan nicht ganz so super aus, zwei Siege, ein Remis, zwei Niederlagen, beide in den zwei Spielen zuletzt. Nach dem 0:1 gegen Stuttgart am Freitag ist eine lange Heimserie beendet, die allerdings vorwiegend in der zweiten Liga stattfand. Nun spielt Hertha in der ersten Liga, und macht die Erfahrung, dass es sich um einen extrem dichten, engen, umkämpften Bewerb handelt, in dem es auf alles und dann auch noch auf Kleinigkeiten ankommt. Und so lässt sich auch die Niederlage gegen den VfB Stuttgart erklären: Sie kam nicht aufgrund einer klaren Tendenz zustanden, sondern war die Summe vieler Details. Das gilt zwar für jedes Spiel, trifft aber in diesem Fall in besonderem Maße zu.

Beginnen wir mit dem Matchplan. Das ist ein Aspekt, der zunehmend an Interesse gewinnt. Hertha spielte im Olympiastadion und traf im Grunde auf sich selbst bzw. auf den normalen, mittleren Bundesligaclub, das ist eine Mannschaft, die Kompaktheit und Umschaltspiel verbinden will. Führungstreffer werden immer häufiger wegweisend für die Spiele. In der ersten Halbzeit spielte Hertha auf diesen Treffer, er gelang nicht, nach dem Gegentreffer gab es zwar weitere Chancen, trotzdem fällt auf, dass wie schon gegen Wolfsburg ein Spiel gegen Ende hin eher auslief, als dass es sich noch einmal dramatisch zuspitzte.

Gibt es Zusammenhänge mit der Aufstellung? Luhukay erweist sich weiterhin als ziemlich radikaler Chef im Bereich Human Resources. Die beiden Neuverpflichtungen Cigerci und Skjelbred mussten gleich ran, Kluge und Franz waren nicht einmal im Kader, trotz der Verletzung von Langkamp. Vor allem die Aufstellung von Cigerci erwies sich als wichtiges Manöver, es ging allerdings für meine Begriffe nicht auf. Während Stuttgart mit einer konventionelle Doppelsechs spielte (aus der heraus Gentner sich prägend äußern konnte), klaffte bei Hertha zwischen dem allein gelassenen Hosogai und Cigerci häufig eine Lücke. Der Japaner ist für meine Begriffe auf der Ballabholersechs nicht so wertvoll wie auf der Acht, wo er in Spielzüge spritzen und eher umschalten als eröffnen kann.

Nachher ist man keineswegs immer klüger, denn niemand weiß, ob eine Variante mit Niemeyer und Hosogaj besser funktioniert hätte. Es spricht aber manches für diese Annahme. Insgesamt suchte Hertha als die zum Spielangebot aufgeforderte Heimmannschaft ("wir wollten sehen, was Hertha so anbietet" - Thomas Schneider) nach einem Kombinationsspiel, das durchaus ansprechend gelang. Es fiel allerdings auf, dass das Spiel gegen den Ball nicht die Intensität, auch nicht den genauen Plan zu haben schien wie gegen Frankfurt und Hamburg. Da machte sich doch das Fehlen von Allagui (nicht erste Wahl) und Baumjohann (seine Verletzung schmerzt sehr) bemerkbar.

Auch hier zeigte sich noch einmal, dass Hosogajs defensivere Rolle dem ganzen Spiel eine andere Proportion gab. Die Flügel hätten das kompensieren können und müssen, doch gelang das nur in Ansätzen. Luhukay sprach selber später ausdrücklich von den überlaufenden Außenverteidigern, allzu oft kamen sie nicht zur Geltung, allerdings deutete van den Bergh an, dass er wertvoll sein kann, wenn er - Kontinuität ist das, womit der Fußball besonders oft geizt - in einen Rhythmus kommt.

Luhukay wartete relativ lange nach dem Gegentreffer, bis er die Mannschaft umstellte. Dass er neuerlich Wagner brachte (dessen Vertrag bis 2016 verlängert wurde, wofür ich die Gründe nicht nachvollziehen kann), erwies sich als wenig zielführend, weil Hertha auch danach den Weg der kleinteiligen Kombinationen suchte, und kaum zu scharfen Flanken aus dem Spiel kam. Es war also auch von Seiten des Trainers alles ein wenig Stückwerk, nicht alles passte perfekt zusammen.

Thomas Schneider machte hinterher noch eine interessante Aussage. Er sprach einmal mehr davon, dass keine Mannschaft die nötige Zeit hat, all das zu trainieren, was eigentlich nötig. Die Standardsituationen machten jedenfalls einen Unterschied. Ronny schlägt Ecken gut, allerdings meistens hoch in die Mitte, sodass Brooks zu zwei guten Chancen kam. Maxim schlägt Ecken fies, gern auf den ersten Pfosten, sodass Gentner zu zwei exzellenten Chancen kam. Bei der zweiten macht Lustenberger, in der ungünstigen Position vor dem zu diesem Zeitpunkt schon auffälligen Gefährder, ein, zwei kleine Schritte nach vor, bevor er hochspringt. Er verfehlt dadurch den Ball. Eckbälle sind eine Waffe, die Waffen von Hertha waren am Freitag aber insgesamt etwas weniger scharf.

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