von Marxelinho

Unpassender Zeitpunkt

Die vollständig neu formierte Defensive ließ sich im Freitagabendspiel bei Schalke 04 zweimal dumm düpieren. Das reichte auch schon für eine 0:2-Niederlage. Hätte Referee Perl nicht aus völlig unerfindlichen Gründen ein Kopfballtor von Langkamp aberkannt, zehn Minuten vor Schluss, wäre ein Remis absolut in Reichweite gewesen. Denn Schalke ließ sich von der sicheren Führung doch sehr zu einer gelassenen Spielweise verleiten. Eine Mannschaft mit Biss hätte das genützt.

Jos Luhukay brachte zum Ausgang der englischen Woche ein Team, das nominell sehr offensiv erscheinen musste: Doppelspitze mit Sandro Wagner und Ramos, Ben-Hatira und Allagui auf den Seiten, der zurückgekehrte Cigerci und Skjelbred im Zentrum. Hinten dann Ndjeng, Langkamp, Kobiashvili und Schulz. Der frühe Gegentreffer durch Obasi war das Ergebnis eines langen Balls, den Schulz schlecht einschätzte. Er stand dann falsch, und meinte, er müsse Kobiashvili den Zweikampf überlassen, der aber zu weit weg war. So konnte Obasi ohne Gegenwehr in Schussposition gelangen. Zum dritten Mal in Folge gerät Hertha so über die linke Defensivseite in Rückstand, zum dritten Mal in Folge mit einem anderen Spieler auf dieser Position.

Gleich nach der Pause bekam Obasi den Ball im zentralen Mittelfeld. Der herausgerückte Langkamp geht nicht in den Zweikampf, Kobiashvili und Ndjeng laufen neben Huntelaar har, der den Ball perfekt in den Lauf bekommt und in seiner gewohnt kühlen Manier flach abschließt. Der Gegentreffer gehört zu 70 Prozent Langkamp, der da einfach aggressiver sein muss.

Nach einer Stunde gingen der gewohnt nutzlose Wagner und Skjelbred, es kamen Ronny und Baumjohann. Hertha zeigte vorsichtige Ansätze zu dem Spiel, das für die restlichen Begegnungen dieser Saison dringend gebraucht wird. Einmal spielte Ronny einen exzellenten vertikalen Pass, einmal schlug Baumjohann eine gute Flanke, das war es dann aber auch weitgehend, bis Langkamp nach einem Eckball ein reguläres Tor erzielte, zu dem Günter Perl eine Privatmeinung durchsetzen zu müssen glaubte.

Änis Ben-Hatira brachte die Sache später auf den Punkt. "Die englische Woche kam zu einem unpassenden Zeitpunkt", nämlich mitten in einer Rückrunde, in der die Mannschaft sich selber immer mehr hinunterzieht. Allaguis Körpersprache könnte beredter nicht sein, er hadert damit, dass keine Leichtigkeit da ist, doch wenn Skjelbred ihn einmal in den leeren Raum schickt, hat Allagui den spekulativen Lauf schon längst abgebrochen.

Nico Schulz wird wohl wieder aus der Mannschaft fliegen, dabei kann man ihm, auch wenn er am Freitag schlechte Flanken schlug, zumindest zugute halten, dass er sich in Spiele hinein arbeitet. Er wird sukkzessive aktiver, er interagiert mehr, während Ben-Hatira und Allagui eher eine Tendenz zum Verblassen haben. Die Sonderstellung von Ndjeng bei Luhukay bleibt für unbefangene Fans auch nach dem Schalke-Spiel ein Rätsel. Eine unkonzentrierte, mäßig engagierte Leistung krönte er mit zwei markant schlechten Standards.

In einer Woche kommt es dann zum direkten Duell um Platz 9. Das Freitagspiel gegen Schalke und der Sonntagabendtermin am kommenden Wochenende bringen es immerhin mit sich, dass Hertha eine ungewöhnlich lange Trainingswoche zur Verfügung steht. Neben der Regeneration könnte ein vernünftiges Spiel über die Flügel im Mittelpunkt stehen, und die Reintegration von Baumjohann, der dringend gebraucht wird. Von den sechs Mannschaften, auf die Hertha noch trifft, ist keine unschlagbar. 48 Punkte sind ohne weiteres noch drin. Doch muss die Mannschaft dazu aus der Lethargie erwachen.

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte rechnen Sie 4 plus 5.