von Marxelinho

Zentralperspektive


Pierre-Michel Lasogga hat mit seinem Kopfballtor gegen Greuther Fürth sicher noch einmal seinen Marktwert gesteigert. Für den HSV war es das kostbare Auswärtstor, das den Verbleib in der ersten Liga sicherstellte. Für Lasogga war es eine weitere Bestätigung seiner besonderen Rolle: Als Leihspieler, der noch dazu häufig verletzt war, hat er wesentlich und schließlich entscheidend dazu beigetragen, eine Katastrophe zu verhindern. Nun muss er zurück zu Hertha, nun müssen aber wohl zuerst einmal die Angebote abgewartet werden, die für ihn kommen werden.

Im Sommer 2010 habe ich in bei einem Freundschaftsspiel am Stadtrand von Berlin zum ersten Mal gesehen. In Lübars humpelte er die meiste Zeit mit Schmerzen über den Platz, was man auf dem Foto sogar noch in Andeutung sehen kann. Seine Karriere bei Hertha begann mit einer Verletzung, beinahe könnte man dies ominös nennen. Junge Spieler, die damals noch auf dem Platz standen: Sebastian Neumann, Nico Schulz, Marco Djuricin.

Lasogga hat sich durchgesetzt, weil er neben den guten körperlichen Voraussetzungen (er ist schneller, als man meinen würde) vor allem über eine herausragende Mentalität verfügt. Manchmal wirkt er in seinem Interviews schon fast ein wenig zu übereifrig, superstaatstragend, alles auf die breiten Schulternd ladend. Nach dem Spiel in Fürth vergaß er sich allerdings für einen Moment (ich verlinke auf die Webseite von 11 Freunde, auch wenn ich mich über die immer wieder ärgere, weil sie so viel technischen und werblichen Firlefanz enthält - nichts gegen Einnahmen, aber alles gegen Verklickerung). Dass er ein toller Typ ist, wurde in Berlin sofort erkannt, die Fans liebten ihn von den ersten Auftritten an. Im November 2010, es war Herthas erste Zweitligasaison, Trainer war Markus Babbel, spielte Lasogga gegen Bochum zum ersten Mal durch und erzielte zwei Tore.

Damit begann ein gutes Jahr für ihn, mit 13 Toren und fünf Assists. Er war damals 18 Jahre alt. In ein paar Monaten wird er 23, er ist nun also im besten Alter. Und er stellt die Schlüsselpersonalie bei Hertha für die kommende Saison dar. Ohne irgendwelche Einblicke in die internen Vorgänge zu haben, würde ich doch davon ausgehen, dass er im August nicht in Berlin spielen wird. Was immer im letzten Sommer vorgefallen ist, es deutet doch alles darauf hin, dass es zwischen Luhukay und Lasogga nicht zum Besten steht.

Auch seine aktuellen Stellungnahmen lassen vor allem eines erkennen: Hertha kommt darin nicht vor. Dass er nur noch ein Jahr Vertrag hat, verstärkt seine Position. Wir können also nur hoffen, dass ein Club aus England ein gutes Angebot für ihn abgibt, denn dort passt er wirklich hin. Wobei das nichts mit seinem Image eines "bulligen" Strafraumstürmers zu tun hat, das ja unterschlägt, dass er auch ein spielender Angreifer ist, der kombinieren kann, auf die Flügel ausweicht, vor allem aber, der den nachrückenden Kollegen Zeit verschafft. Es ist Lasoggas Mentalität, die in England noch einmal ein Stück mehr geschätzt wird. Er vermag dem Fußball noch ein bisschen Romantik zu verleihen, er spielt mit einem jugendlichen Überschwang, der unbezahlbar ist.

Mit der Verpflichtung von Valentin Stocker ist Hertha bereits ein bisschen ins Risiko gegangen. Das ist ein Transfer, bei dem die leicht verbesserten finanziellen Umstände durch den Investoreneinstieg wohl eine Rolle gespielt haben, es fallen aber auch Formulierungen auf, die auf eine überzeugende Darstellung der Vereinsperspektiven verweisen. Es ist eine Weile her, dass ich Stocker gesehen habe. Er traf in dem berühmten 1:0 gegen den FC Bayern im Februar 2012. Damals fand ich ihn wie die ganze Mannschaft begeisternd. Hertha befand sich damals neuerlich auf dem Weg in die zweite Liga.

Es sieht gut aus, was die sportliche Leitung von Hertha schon getan hat: Jens Hegeler und Valentin Stocker werden die Mannschaft mit ziemlicher Sicherheit beleben. Jetzt wird es spannend, ob sich in der Personalie, auf die alles zentralperspektivisch hinausläuft, noch vor der Weltmeisterschaft etwas tut. Das könnte schwer werden. Wenn Preetz & Co. es schaffen, auch das noch zeitnah zu klären, wäre das ein weiteres Signal: In Berlin wird professionell gearbeitet. Da es darauf schon jetzt Hinweise gibt, könnte das umgekehrt sogar Lasogga noch einmal interessieren, sollte kein passendes Angebot kommen. Es gibt schließlich eine Menge Leute, die sich sehr freuen würden, wenn er hier zum Superstar reifen würde. Im Olympiastadion, wo er seine ersten großen Momente hatte.

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