Fiéloha olé!

Hertha holt mit Dardaismus einen Punkt beim HSV

Gar nicht so lang und eine kleine Ewigkeit ist es her, da wurde darüber diskutiert, ob Pal Dardai ein Konzept hatte. Hertha spielte zweite Liga, hatte einen großen, vielversprechenden, jungen, aber auch ein wenig konturlos mit Routine durchsetzten Kader. Pal experimentierte Woche für Woche, und fand schließlich ein radikal pragmatisches Konzept: Deyo irgendwo reinhauen. Deyovaisio Zeefuik war das Update der legendären Polyvalenz von Lucien Favre. Irgendeine Valenz fand Zeefuik fast immer, und definitiv war er dabei poly.

Gestern spielte Hertha beim HSV im zweiten Saisonspiel 2024/25 unter dem neuen Trainer Christian Fiél ("Fiélo") eine sehr dardaistische erste Hälfte. Nicht mehr ganz junge Talente wie Winkler und Scheerhant suchten ein Spiel, das ihnen nicht entgegenkam, und wenn, dann auf eine blöde Weise. Dudziak, eines der größten Dardai-Rätsel, hatte gegen Jatta links hinten seine liebe Mühe und ließ sich schon nach zehn Minuten gröber düpieren: er konnte eine perfekte Flanke nicht verhindern, die Königsdörffer per Kopf verwertete. Linus Gechter, seit dieser Woche Herthaner bis 2027 und Hoffnungsträger vieler Anhänger eines blauweißen Wegs, ließ sich überrumpeln. Im Mittelfeld suchte Karbowniak auf ungewohnter Position eine Balance zwischen Manndeckung und Kreativspiel.

Zur Pause stand es immer noch 0:1, auch nach einer starken Parade von Tjark Ernst. Und es gab aus Halbzeit eins ein paar Indizien, dass Hertha nicht vollkommen auf verlorenem Posten war. Fiél brachte Zeefuik für Dudziak, und dann veränderte das Spiel, das ich daheim im Fußballkino verfolgte, sukzessive seinen Energiezustand. Hertha war nun wirklich drin. Nach wie vor mit viel Stückwerk, aber es gab Ansätze zu einem Stückwerk-Konzept. Das interessanteste Stückwerk war die Einwechslung von Marton Dardai, der eine Viertelstunde vor Schluss für Karbownik kam. Zeefuik ging auf die Position des Polen, und der älteste der drei Dardai-Söhne übernahm die Aufgabe des linken Außendeckers, wie das in der Fußballersprache hieß, mit der ich aufgewachsen bin. Die Malik-Fathi-Position, wie ich sie für mich auch gern nenne, wenn es um eine Position geht, auf der es bei Hertha schon lange nicht so richtig klappt (Plattenhardt, Netz, Mittelstädt). Marton Dardai ist keiner, der im Vollsprint an die gegnerische Grundlinie zieht. Aber er hat ein Auge für den gelegentlichen öffnenden Pass.

Gestern fand er Herthas besten Spieler: Ibrahim Maza ist ein echtes Ereignis. Man muss keinen Scout mehr auf ihn hinweisen. Nach dem Auftritt gestern müsste es eigentlich Angebote aus England und nicht nur aus Porschistan geben, trotzdem bleibt natürlich die Frage, wo er am besten die nächsten Schritte machen kann. Und da ist ein weiteres Jahr bei Hertha vielleicht nicht die schlechteste Option, vorausgesetzt, er kann mit einer Mannschaft spielen, die sich so aufeinander einstellt, wie das gestern gegen den HSV der Fall war. Maza ging in den Raum, in den Marton Dardai den Pass spielte (in dieser perfekten Choreographie, in der Passmöglichkeit und Laufwegsuggestion genau zusammenfinden). Maza brachte den Ball quer in den Sechzehner. Für Tabakovic kam er nicht ideal, auch für Kenny nicht, der ihn sich nach einem Rebound aber für einen schönen Treffer passend machte. Kenny, der Einpeitscher. Zeefuik hatte mit dem Move nichts zu tun, außer dass er davor wesentlich daran beteiligt gewesen war, den HSV so zu "dehnen", dass Räume für Maza entstanden.

Fiélo – wenn ich ihn in einem sehr vorwitzigen Vorgriff auf seinen künftigen Legendenstatus bei Hertha BSC auch so nennen darf – hatte alles richtig gemacht. Die Mannschaft hatte nicht alles richtig gemacht, in der zweiten Halbzeit aber mehr richtig als falsch. Glück war auch nötig für den Punkt, Pherai traf kurz vor dem Ausgleich mit einem Freistoß den Innenpfosten. Im Vorjahr ging Hertha im dritten Saisonspiel beim HSV mit 0:3 unter, in diesem Jahr schaffte sie im zweiten Saisonspiel auswärts ein Remis. Das ist natürlich eine Karikatur eines Trends, aber was bleibt uns viel übrig, als uns an solcher Mustererkennung festzuhalten? Hertha ist von seiner Vorjahresedition noch keine großen Schritte entfernt, hat aber nun zumindest einmal einen kleinen Unterschied gemacht.

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Kommentare

Kommentar von Brehmchen |

Witzig und unterhaltsam geschrieben. Schön zu lesen, gerne geteilt. Undnja, Maza macht mehr auf sich aufmerksam, als wir es und im Moment eigentlich wünschen (Transferfenster noch offen).

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