Eine englische Woche kurz vor Weihnachten, das ist ein bisschen wie ein vorgezogenes Geschenk. Vorausgesetzt natürlich, dass man die Spiele mit gutem Mut und nicht unter dem Druck einer schlechten Serie angehen kann. Hertha hat mit dem Heimsieg gegen Dortmund dafür die Grundlage geschaffen. Und nun sind wir alle sehr gespannt, ob die Mannschaft sich vielleicht sogar für die vielen Rückschläge in diesem Jahr rehabilitieren kann.
Dazu bedürfte es einer engagierten, auch taktisch klugen Leistung in Frankfurt. Wann, wenn nicht jetzt, wäre dafür ein guter Moment? Es wäre auch ein Moment der Innovation. Denn Hertha hat in diesem Halbjahr bis auf eine gute Stunde in Leverkusen auswärts vor allem taktisch zumeist naiv gespielt, die mäßige kämpferische Leistung war vielleicht sogar eine Folge der schlechten Instruktion. Der Punkt in Freiburg war unverdient, der Sieg in Köln nicht wirklich erarbeitet. Augsburg war ein schwarzes Loch. Die Niederlagen in Gelsenkirchen und Mönchengladbach aber hatten System. Und darauf wird am Mittwoch zu achten sein.
Denn Hertha agiert auswärts häufig zu unkontrolliert. Die Mannschaft lässt sich locken, von Gegnern, die auch im eigenen Stadion das Umschaltspiel suchen, das Hertha gegen den BVB gespielt hat. Besonders deutlich war das gegen Köln zu sehen, eine ratlose Mannschaft, die noch dazu schon in Rückstand lag, und doch konnte es passieren, dass Hegeler einen Ball preisgab, den er auf eine so riskante Weise so weit vorn mit so wenig Absicherung niemals hätte spielen dürfen. Es kam zu einem Konter, bei dem das Abseits keine Rolle spielte, weil er in der Hälfte von Köln begann! Eine hohe Linie jenseits der Mittelllinie sollte eigentlich nur in absoluten Ausnahmesituationen vorkommen, also in einer späten Drangphase bei Rückstand.
Gegen Gladbach hatte Hegeler eine ähnliche Szene, bei der allerdings nicht so deutlich ein individueller Fehler erkennbar war. Er war nur eben an einer Stelle exponiert, an der es sehr gefährlich wurde. Da war Hertha schon im Rückstand, und hatte sich einen möglichen Matchplan zweimal kurz nach Anpfiff verpatzt.
Es sind zwei Szenen, die für meine Begriffe dafür sprechen, das Experiment mit Hegeler in der Innenverteidigung nun auch wieder zu beenden, und Lustenberger an die Seite von Brooks zu stellen. Der auch tatsächlich beim Kicker in der Elf des Tages stand, und zwar schon zum zweiten Mal, wie ich überrascht feststellte (das erste Mal müsste dann wohl nach dem Sieg in Köln gewesen sein).
Mit Nico Schulz und John-Anthony Brooks haben sich zwei Nachwuchsspieler in der ersten Mannschaft etabliert, das tut gerade auch deswegen gut, weil wir in dieser Saison doch sehen, wie schwer sich der Trainer mit der Integration des üppigen Kaders tut. Bei Schieber hat sich seine Prinzipienfestigkeit gelohnt, es gab dafür allerdings eben auch schon Hinweise aus den ersten Spielen, als Kalou noch nicht da war. Bei Niemeyer zeigt sich, dass er sich in bestimmte Spielen sehr gut auf die Balance auswirkt.
In einem Fall hat der Coach hingegen aufgrund mangelnder Flexibilität dafür gesorgt, dass Hertha wieder einmal ein Talent verliert. Für Hany Mukhtar hätte es in dieser Hinrunde durchaus Verwendung gegeben, aber da hatte Luhukay anscheinend seine Meinung schon gefestigt. Schade, denn so stark ist Hertha mit inspirierenden Spielern nicht besetzt. Und so viele Sympathieträger kommen ja dann doch nicht nach aus der eigenen Ausbildung. Wir dürfen gespannt sein, ob wir es hier mit einem Fall zu tun haben, der mit Schmiedebach oder Traoré zu vergleichen ist, oder ob da vielleicht sogar noch mehr Potential vorhanden ist, das dann an anderer Stelle zur Entfaltung gebracht wird.
Ich hatte damals ausgerechnet vor dem Ausgburg-Spiel auf Mukhtar gehofft, es war das Spiel, das am ehesten als Vergleich für das Spiel in Frankfurt dienen kann, und es war dasjenige, in dem Hertha besonders desolat und ideenlos auftrat. Es sieht einiges danach aus, dass sich so eine rätselhafte Antiklimax nicht wiederholt, und wenn Hertha sich in der Commerzbank-Arena gut schlägt, dann stehen die Zeichen auf einen spannenden vierten Adventsonntag. Ein Lichtlein hat Hertha jedenfalls schon einmal angezündet.
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