Ein Gutes haben die Ergebnisse vom Mittwoch aus der Champions League schon mal sicher: Arsenal kann im Achtelfinale nicht auf den FC Bayern treffen. Denn beide Teams werden ihre Gruppe (in einem Fall: aller Voraussicht nach) auf Platz 2 abschließen. Wobei die Bayern allerdings gerade so ein wenig in Richtung Wunschgegner torkeln. Aber Arsenal wird schon einen Gegner finden, gegen den es sich schön ausscheiden lässt. Dem Baumdiagramm, aus dem das nächste CL-Finale wächst, bekommt bald die ersten Äste.
Das klingt jetzt wohl so, als wäre ich frustriert. Dabei läuft es doch eigentlich gut für die Gunners in diesem Herbst: in der Premier League in der Spitzengruppe, in der Champions League sicher für die Ausscheidungsrunden qualifiziert. Arsène Wenger kann ruhig schlafen, er kann sogar genüsslich die Spekulationen um seine weitere Karriere genießen. Der Vertrag bei Arsenal läuft 2017 aus. Was wird er tun?
Vorerst einmal tut er das, was er schon lange tut: Er lässt Arsenal so ein bisschen treiben. Die Mannschaft funktioniert halbwegs, in den ersten Wochen der Saison lief es phasenweise sogar ganz gut. Mesut Özil sorgte mit ein paar schönen Toren und vielen Pässen für gute Laune. Die Statistiken sahen gut aus. Allerdings hätte Arsenal in der Liga ohne zwei groteske Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern vier Punkte weniger.
Zuletzt gab es drei schwere Spiele, gegen Tottenham, Manchester United und gestern gegen Paris St. German. Arsenal konnte keines der drei gewinnen: in allen Fällen stand es am Ende unentschieden. Das Derby gegen Tottenham war ganz anständig, in Old Trafford war Arsenal schwach, und das Heimspiel gegen die Markenkollegen aus Paris (beide Teams werden von Emirates gesponsert) war alles andere als souverän.
Diese wegweisenden Spiele haben klar gemacht, dass Wenger die Probleme, mit denen Arsenal in die Saison gegangen ist, nicht wirklich gelöst hat. Das erste betrifft die Innenverteidigung. Neben Laurent Koscielny war ein Platz frei, nachdem Per Mertesacker sich langfristig verletzt hatte (von ihm aber noch eine volle, verlässliche Saison zu erwarten, wäre aber ohnehin naiv gewesen). Shkodran Mustafi kam aus Spanien, ein teurer Neuzugang, der bisher die Erwartungen eher nicht erfüllt. Er ist bestenfalls ein solider Platzhalter, lässt sich oft überrumpeln und trägt zum Spielaufbau wenig bei.
Für das zentrale Mittelfeld wurde Granit Xhaka geholt, mit dem Wenger bisher stark fremdelt. In der Regel zieht er Coquelin vor, gegen Manchester United gab es gar die Kombination Coquelin und Elneny, was man fast schon als Behinderung der eigenen Mannschaft sehen muss.
Am Mittwoch spielte Ramsey neben Coquelin, der Mann aus Wales hat aber derzeit nicht die Form, die es braucht, um gegen ein äußerst geschmeidiges Raumverknappungsspiel, wie es Paris St. German unter Unai Emery praktiziert, zu Lösungen zu kommen. Da braucht es schon so einzigartige Pässe wie den von Özil auf Sanchez, der gegen Ende der ersten Halbzeit zu einem Strafstoß und zum Ausgleich durch Giroud führte. Özil strahlt aber selbst nicht mehr diese Inspiration aus, die Arsenal derzeit bräuchte.
Seine offene Vertragssituation (wie auch die von Sanchez) mag auch mit der Personalie von Wenger zu tun haben, den er offensichtlich schätzt, der aber selbst nicht sagt, ob er denn nächstes Jahr noch dabei sein will.
Das Angriffszentrum hat Wenger heuer bisher meistens leer gelassen. Das hatte mit einer Verletzung von Giroud zu tun, mehr noch aber mit dem Umstand, dass der flexible Verband von Sanchez, Özil, Walcott und (meistens) Iwobi auch so zu ausreichend Toren kam. Walcott hatte einen sehr guten Saisonstart, auch er ist zur Zeit ein bisschen aus dem Tritt geraten.
Um den November bei Arsenal gibt es inzwischen eine ganze Folklore. Der Monat ist traditionell schlecht. Da könnte man mit drei Punkten gegen drei starke Gegner (bei zwei Heimspielen) fast schon wieder zufrieden sein. Wäre da nicht dieser nagende Verdacht, dass Arsenal mit seiner seit vielen Jahren unveränderten Spielanlage (ein 4-3-3 bzw. 4-2-3-1) sich immer schwerer tut, Räume für das viel beschworene Kurzpassspiel zu finden.
Gegen Manchester United half ein klassischer Flügelantritt von Oxlade-Chamberlain, dessen Flanke Giroud per Kopf verwertete. Das konnte als Überraschungsangriff gelten, weil es stilistisch eigentlich nicht vorgesehen ist. Jedenfalls nur als Notlösung.
Die englische Saison kennt bekanntlich einen langen Dezember, der erst nach Neujahr endet. Das wird bald die nächste Periode, in der Arsenal sehen muss, wie sich die immer neuen Hürden aus dem Weg räumen lassen. Bei keinem anderen Team hat man so sehr das Gefühl, dass Fußball ein kollektives Panzerknacken ist. Nicht jeder Tresor geht auf. Es fällt sogar mir als Fan schwer, mich noch so richtig zu begeistern. Ein Team, von dem eine Idee ausgeht, ist Arsenal schon lange nicht mehr. Mal sehen, ob es heuer noch ein Momentum gibt - oder ob das Gefühl, es wäre eigentlich alles ganz in Ordnung, sich auch so noch eine Weile halten kann.
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