Berliner Nebeneinander

Ein Besuch im Hans-Zoschke-Stadion mit der U23 von Hertha BSC

Für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, ein paar Plätze der Regionalliga Nordost zu besuchen. Gestern gab es eine passende Gelegenheit für das Hans-Zoschke-Stadion in Lichtenberg, heute heißt es Howoge-Arena. Die VSG Alt-Glienicke (aus dem Ortsteil in Treptow-Köpenick) nomadisiert schon eine Weile durch die Stadt, das eigene Stadion entsprach nach dem Aufstieg in die Regionalliga nicht den Anforderungen, also spielte die VSG im Jahn-Sportpark, dann sogar im Amateurstadion im Olympiapark, und nun eben an einem sehr angenehmen Freitagabend in der Rüschestraße in Lichtenberg gegen die U23 von Hertha BSC.

Wer sich für Nachwuchsfußball interessiert, geht üblicherweise eher nicht in erster Linie zur U23, denn für diese Spieler ist in den meisten Fällen die Entscheidung schon gefallen: sie werden nicht in die erste Mannschaft und in den Profibereich aufrücken. Das relevante Team für selbst ernannte Kaderplaner ist die U19. Es ging also in erster Linie um Atmosphäre, um einen entspannten Blick auf ein Spiel, von dessen Beteiligten ich wenig wusste. Es passte dann, dass ich bei der VSG einen Spieler entdeckte, auf den ich bei Hertha BSC früher einmal auch ein bisschen neugierig gewesen war: Shawn Kauter (Jahrgang 1996) spielt nun in der Innenverteidigung bei der VSG (ich habe ihn fotografisch bei einem Zweikampf mit Ensar Aksakal erwischt).

Mit dem Telefon in der Hand habe ich mich dann mit der Mannschaft von Hertha vertraut gemacht. Tim Goller im Tor, Boris Lum im defensiven Mittelfeld, Oliver Rölke als Sturmtank. Am ehesten auffällig fand ich Elyas Strasner, der einen Zinchenko spielte: so nenne ich für mich diese auch nicht mehr ganz neue Aufgabenkombination, bei der ein linker Außendecker defensiv in einer Viererkette agiert, bei Ballbesitz aber ins Mittelfeld eher nach innen rückt, also nicht mit einem Overlap in Richtung Grundlinie geht, sondern Zwischenräume für schnelle Kombinationen bis an den Sechzehner sucht. Die U23 von Hertha spielt also eines der heute populärsten Modelle.

Die VSG hatte eigentlich die besseren Chancen, in der zweiten Halbzeit ging Hertha aber durch eine Einzelleistung des eingewechselten rechten Flügelspielers Ndi in Führung, und Schickerinsky brachte dann noch einen schicken Konter über Wallschläger zum Abschluss. Da war das Spiel schon ein Flutlichtspiel, wobei von einer Flut an Licht nicht wirklich zu sprechen war, es war schon ganz schön dunkel auf dem Platz.

Hans Zoschke, das habe ich dann auch noch nachgesehen, war ein Widerstandskämpfer in der NS-Zeit, ein linker Lichtenberger, eine typische Figur für den politischen Kanon der DDR. Das Stadion ist angenehm heruntergerockt, unter meinem Sitz war viel Vegetation. Gut 350 Leute sahen gestern zu, wenn ich den Stadionsprecher, der ein wenig undeutlich zu hören war, richtig verstanden habe. Als ich gegen neun zur U-Bahn-Station Magdalenenstraße ging, um mir daheim dann noch die zweite Halbzeit des Bundesligastarts zwischen Gladbach und Bayer 04 anzuschauen, war ich mit Berlin wieder einmal so richtig zufrieden.

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