Dreiklangdimensionen

Die heutige Mitgliederversammlung habe ich zum Anlass genommen, mich noch einmal ein wenig mit dem KKR-Engagement bei Hertha zu beschäftigen. Es gibt in der Angelegenheit keine neuen Informationen, es gibt allerdings ein wertvolles Dokument, auf das mich ein befreundeter Hertha-Feingeist aufmerksam gemacht hat. Im Juni dieses Jahres sprach Ingo Schiller bei einer Management-Veranstaltung in Berlin, davon ist ein einstündiger Podcast nachzuhören, und der ist doch einigermaßen aufschlussreich.

Zum Teil sind es einmal nur die Formulierungen. Schiller sitzt hier gestandenen Zahlenmenschen gegenüber, die Hertha "eine relativ komplizierte Rechtsform" bescheinigen, was wohl damit zu tun hat, dass sie "bei der Finanzierung immer ein Vorreiter gewesen" ist. Soll heißen: die Schulden drückten, es mussten komplizierte Lösungen gefunden werden. Wir wussten das, und doch klingt es ein wenig unheimlich, wenn das in der Sprache der Ökonomen euphemisiert wird.

Der Grundton bei der Veranstaltung entspricht sehr gut dem, den wir damals auch selbst empfunden haben: Niemand kann sich so recht erklären, welches Interesse KKR haben könnte, sieht man einmal von dem üblichen Phantasietalk ab, dass der Dreiklang aus Bundesliga, Berlin und Hertha einfach unwiderstehlich war. Denn konkrete Rendite ist nicht unbedingt absehbar. Dabei ist eine Zahl interessant, die mehrfach fällt: Bei einem denkbaren Ausstieg in sieben (nunmehr bald nur noch sechs) Jahren würde die dann zur Disposition stehende Drittelbeteiligung auf gut 100 Millionen Euro geschätzt.

Das bedeutet zweierlei: dass Hertha innerhalb des Engagementszeitraums seine Bewertung um 50 Prozent auf 300 Millionen Euro steigern würde. Und dass irgendjemand hundert Millionen aufbringen müsste, um KKR diese Anteile abzukaufen. Da es eher unwahrscheinlich ist, dass da die Interessenten Schlange stehen werden, hängt alles von Exit-Verabredungen ab, von denen nun eben ausdrücklich nicht die Rede ist. Sie sind sozusagen das schwarze Loch der Vereinbarung. Denn was ist, wenn Hertha die Anteile zurückkaufen muss? Das würde dann darauf hinauslaufen, dass der Anteilseigner durch neue Schulden abgelöst werden muss.

Hertha könnte also nach einer gewissen Zeit, wenn zum Beispiel absehbar ist, dass es mit der Aufwärtsentwicklung nicht so gut klappt, sogar daran interessiert sein, dass der Club an Wert verliert, damit man KKR billiger wieder los wird.

Warum spreche ich so selbstverständlich von einer Drittelbeteiligung, wo doch die bisherigen Anteile von KKR bei unter 10 Prozent liegen? Das liegt an der "Sonderkomponente" des Investments, an den gut 40 Millionen, mit denen Hertha Schulden abeglöst und Rechte zurückgekauft hat (zum Beispiel Catering). Hertha muss diese 40 Millionen ja auch irgendwie bedienen, das würde einen jährlichen Betrag von (ich rechne sehr konservativ und über den Daumen) sieben Millionen bedeuten. Die werden aber nicht gezahlt, sind aber auf jeden Fall "eher Fremdkapital", wie Ingo Schiller vorsichtig erkennen ließ.

Hertha "zahlt" also gewissermaßen in den nächsten sechs Jahren seine Schulden durch Anteile an sich selbst ab. Ein interessantes Modell, das konkret nichts anderes als eine Stundung darstellt. Hier wird noch einmal deutlicher, dass im Grunde fast alles davon abhängt, ob in den nicht öffentlich gemachten Vereinbarungen zwischen Hertha und KKR eine feste Summe vereinbart wurde, mit der bei Ablauf des Vertrags der Drittelanteil mindestens zu beziffern ist. Denn das wäre dann die Last, die Hertha zu schultern hätte, wenn KKR nicht an Bord bleiben möchte. Und dass dem so sein dürfte, ließ Ingo Schiller erkennen: "Trennung ist ein realistisches Szenario".

Das deutet doch darauf hin, dass KKR das Engagement nicht als langfristiges sieht, sondern als eine Art Troubleshooter mit sehr konkreten Interessen fungiert. Hertha hat seine finanziellen Probleme also im strengen Sinne nicht wirklich gelöst, sondern in eine Wette umgewandelt. Dies ist jedenfalls die Interpretation, zu der mich Schillers Darstellung gebracht hat.

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