Zwei Tore und diverse Aufschlüsse: das könnte man auf die Habenseiten nach dem Besuch in Bielefeld in der ersten Runde des DFB-Pokals schreiben. Hertha gewann 2:0 innerhalb der regulären Spielzeit. Die Sache war deutlicher, als man nach den vielen Unklarheiten in der Vorbereitung hätte vermuten können. Die Mannschaft ließ keine Verunsicherung erkennen, dabei hatte ihr ein höchst merkwürdiges Vorkommnis die Gelegenheit geboten, sich notfalls auf höhere Gewalt zu berufen. Jemand hatte den Hertha-Bus beschossen, zwischen Gütersloh und Bielefeld. Das Ergebnis: die Windschutzscheibe bewahrte den Lenker vor Schlimmem oder dem Schlimmsten. Sie wurde eingeschickt.
Manager Preetz war im Interview vor dem Spiel sichtlich hin und her gerissen zwischen dem naheliegenden Impuls, die Sache nicht zu hoch zu hängen, und der Versuchung, sie für den Fall eines Ausscheidens von Hertha auf der Alm eventuell noch vorrätig zu halten - zur allfälligen argumentativen und ablenkenden Verwendung. Das war dann eben nicht nötig.
Ich beobachtete das Spiel in der Wohnzimmerarena mit einem angestammten Arminen, der schon in der zweiten Minute eine gelbe Karte gegen den Stürmer Klos verarbeiten musste. Er hatte Lustenberger über die Klinge (das aggressiv vorgeschobene rechte Bein) springen lassen. Klos musste danach ein bisschen vorsichtiger gegen den Ball arbeiten, insgesamt war es kein überhartes, aber doch ein unangenehmes Spiel, mit vielen schmerzhaften Szenen.
Überraschenderweise verlief es weitgehend nach Schema, es kam kaum einmal jene Cup-Atmosphäre auf, die Klassenunterschiede egalisieren hilft. Unterer Erstligist beherrscht unteren Zweitligisten, die Inspiration musste man im ersten Pflichtspiel der Saison mit der Lupe suchen, es ging gemächlich zur Sache, war vermutlich auch heiß.
Eine Stunde lang sah alles nach zähen 120 Minuten aus, dann erkannte Pal Dardai den relevanten Umstand, der mit einer Personalie zusammenhing. Die mangelnde Inspiration hatte wesentlich mit der dürftigen Darbietung von Jens Hegeler in der Spielzentrale zu tun. An seiner Stelle kam Schulz, der auch gleich Argumente in jede beliebige Richtung lieferte (uns für den Wunsch, er möge doch bei Hertha verlängern, seinen Agenten für das Antichambrieren bei anderen Clubs).
Die Nummer 26 brachte Dynamik ins Spiel, besonders nach einer kleinen, aber feinen Beschleunigung, die von Valentin Stocker ausging. Ein raumöffnendes Manöver, Schulz vergrößerte den Raum durch Geschwindigkeit, dass er nicht selbst abschloss, sondern zu Kalou querlegte, ist ein Indiz für die Aufgaben, die auf seinem Entwicklungsweg noch vor ihm liegen.
Der Torjäger von der Elfenbeinküste schob ein, von diesem Gegentreffer erholte sich die Arminia nicht mehr. Pal Dardai wird auch zu Salomon Kalou viele Erkenntnisse gewonnen haben. Sie weisen alle in eine Richtung: Kalou ist kein Mann für ganz vorne, sondern eher geeignet für die verbindende Position in einem 4-4-2. Prominentester Spieler in Deutschland in so einer Rolle ist Thomas Müller. Kalou könnte eine ähnliche Rolle bei Hertha spielen, allerdings sah man gestern auch wieder, dass er sich weiterhin von defensiven Aufgaben weitgehend ausnimmt. Er deutet seine diesbezügliche Arbeit immer nur an. Immerhin muss man ihn aber nicht vollkommen abschreiben.
Mit dem gewachsenen Selbstbewusstsein konnte Hertha dann sogar noch einen Treffer zulegen, dieses Mal vorbereitet über den ebenfalls eingewechselten Haraguchi auf rechts, der Darida in Position für einen guten Distanzschuss brachte. Der Neuzugang aus Freiburg fiel auch erst in der Schlussphase positiv auf, führte sich so aber gut ein.
Zwischen Gütersloh und Bielefeld wurde Hertha BSC dieses Mal in einen merkwürdigen Fall von "road rage" verwickelt - die Sonderkommission "Hertha" ermittelt in alle Richtungen. Auf der Alm gab es dann eigentlich "keine besonderen Vorkommnisse". Die zweite Runde im Pokal ist erreicht, und zwar verdient. Schon am Samstag gibt es aber die nächsten spannenden Fragen für die Sonderkommission Dardai/Widmayer, die sich ja genau genommen erst noch für ein verbindlicheres Engagement empfehlen muss: Wohin mit Lustenberger? Darf Schulz sich weiterhin zeigen? Wie weit vorn soll Darida spielen?
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