Es ist eine sehr nebensächliche Ironie des Ligakalenders, dass Hertha BSC die beiden Heimspiele gegen zwei besonders verhasste Investorenclubs hintereinander austrägt: Vor drei Wochen verlor Hertha im Olympiastadion gegen RB Leipzig klar mit 0:3, und nun kommt am Samstag die TSG 1899 Hoffenheim. Gegen deren Mäzen Dietmar Hopp gab es (auch von Hertha-Fans) immer wieder Fangesänge, gegen die ich - neben der unflätigen Sprache - vor allem einwenden würde, dass sie naiv sind.
Dietmar Hopp oder Dietrich Mateschitz sind in der gegenwärtigen politischen Situation und in der globalen Ökonomie von heute nicht das Problem (auch wenn Mateschitz seinen Reichtum zu einem kleinen Teil auf die Propagierug von politischen Inhalten verwendet, die ich nicht unterstütze, sondern gegen die ich mich engagiere).
Ich möchte deswegen heute einen Vorschlag machen, wie die Fanszene mit dem Thema Geld, notabene mit Zuschüssen durch Investoren, ein wenig systematischer umgehen könnte, als bloß zwei reiche Männer zu beschimpfen, die zufällig gerade zur Hand sind.
Mein Vorschlag hat auch einen konkreten Kontext in der gegenwärtigen Situation von Hertha BSC. Denn in Berlin stehen große finanzielle Bewegungen an, ein neues Stadion soll gebaut werden (für das es dann auch Namensrechte geben wird), ein Investor oder Investoren werden gesucht.
In dieser Situation, aber auch für den Fußball generell, würde ich vorschlagen, dass man eine Art Ethik-Codex einführt (zuerst einmal auf der Ebene der DFL, wobei ich mir in der Frage der Chancen meines Vorschlags natürlich keine Illusionen mache). Diese Selbstverpflichtung einer Liga (die idealerweise irgendwann von der ganzen Uefa getragen werden würde) sollte einen Unterschied zwischen legitimen und illegitimen Investments machen.
Illegitime Investments wären alle, die mit Geld getätigt werden, das aus Zusammenhängen stammt, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und ihren Ansprüchen an Transparenz und (Steuer-)Gerechtigkeit nicht zu vereinbaren sind. Es tut mir leid, dass sich das nicht einfacher sagen lässt, aber die Sache ist sowieso kompliziert genug.
Ich versuche ein paar Beispiele:
Abzulehnen wären Investitionen mit Mitteln aus Korruption, Kleptokratie und Steuerevasion. Das gilt auch dann, wenn entsprechende Vorgänge schon länger zurückliegen, und das Vermögen inzwischen (symbolisch wie konkret) gewaschen wurde. Roman Abramowitsch wäre in dieser Sicht kein satisfaktionsfähiger Geschäftspartner (und wird es auch in diesem Leben nicht mehr), Alisher Usmanow sowieso nicht, aber auch der kürzlich verunglückte, beliebte thailändische Magnat Vichai Srivaddhanaprabha, der sich bei Leicester City engagierte, wäre ein Grenzfall.
Abzulehnen wären weiters Investititonen mit staatlichen und staatsnahen Mitteln aus undemokratischen Systemen: Darunter fällt selbstverständlich alles, was aus Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten kommt, aus Saudi-Arabien (das gerade versucht, die FIFA zu kaufen), aus der Volksrepublik China, aber auch aus Aserbaidschan (Atletico Madrid spielte eine Weile mit dem Logo Land of Fire auf der Brust). Manchester City und PSG hätten nach dieser Logik niemals zu den Scheichclubs werden dürfen, die sie derzeit sind.
Nicht anzulehnen wären nach dieser Logik jedoch Investments mit - ich sage es jetzt einmal bewusst naiv - ehrlich erwirtschaftetem Geld - wobei da die Kriterien natürlich logischerweise fließend sind. Für solche Zuwendungen müssten einfach die Regeln eines plausiblen und durchsetzbaren Financial Fair Play gelten. Bei Dietmar Hopp und Dietrich Mateschitz gibt es also nichts zu beanstanden, und es ist lächerlich, die beiden ad personam zu verunglimpfen, wenn es doch eigentlich darum geht, dass der Fußball sich eine Verfassung gibt, die nach Fairness strebt.
Eine Selbstverpflichtung in der hier angedeuteten Form würde eine Brandmauer zwischen den entfesselten globalen Profiteurskapitalismus und das hochattraktive Spekulationsobjekt Fußball ziehen. Ich weiß selbst, wie realistisch dieses Szenario ist. Aber ich wollte es doch einmal vorgeschlagen haben.
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