Gestern Abend ging nun auch die Saison des zweiten Fußballvereins zu Ende, dem ich anhänge. Arsenal gewann das FA-Cup-Finale gegen Chelsea im Wembley-Stadion mit 2:1, durch zwei Treffer von Aubameyang. Es war ein ungeheuer wichtiger Erfolg, denn in der Liga kam Arsenal dieses Mal nur auf Platz 8. Der Titel im FA Cup bringt auch einen Startplatz in der Europa League mit sich - immerhin.
Arsenal begann die Saison mit Unai Emery, am 22. Dezember übernahm Arteta, dazwischen hatte eine Weile Freddie Ljungberg ausgeholfen. Die Gründe für das Scheitern von Emery werden wir im Detail nie erfahren, aber es war immer offensichtlich, dass der Faktor Sprache eine große Rolle spielte. Emery kam mit dem Englischen einfach nicht zurecht. Irgendwann "verlor" er die Kabine, soll heißen: er erreichte die Mannschaft nicht mehr.
Arteta, der viel besser Englisch spricht, hatte einen unmittelbaren Effekt, ganz offensichtlich weiß die Mannschaft unter seiner Leitung deutlich besser, was zu tun ist. Der Sieg gegen Chelsea ist auch als Ausdruck seines eigenen Lernprozesses zu sehen: er musste mit dem unrunden Kader erst zurechtkommen.
Am besten funktionierte in den letzten Wochen ein 3-4-3 bzw. 5-2-3, mit David Luiz hinten zentral, mit einem Mittelfeld-Duo Xhaka und Ceballos, und mit einer prominenten Angriffsformation, die ein bisschen nach Prunkstück aussieht: Aubameyang von links, Lacazette als erster Verteidiger zentral, und Pepe über rechts. Pepe wurde vor einem Jahr für sehr viel Geld verpflichtet, es hat sehr lang gedauert, bis halbwegs erkennbar wurde, ob er ein komplettes Missverständnis ist. Gestern war er stark, und das hat sich seit Wochen abgezeichnet. Er hat immer noch etwas Chaotisches in seinem Spiel, aber er ist nun deutlich besser integriert.
Die Geschichten des Finales haben alle Namen. Im Tor spielte Martinez, der ewige Ersatzmann, der nach einer Knieverletzung von Leno gegen Brighton aushelfen musste. Er erwies sich als sehr verlässlich, ist offensichtlich im Team auch sehr beliebt, und Arsenal hat nun das Problem, dass Martinez eigentlich zu gut ist, um als Nummer 2 in die nächste Saison zu gehen.
Im Mittelfeld erwies sich Dani Ceballos in den letzten Wochen als große Bereicherung. Er ist noch am ehesten so etwas wie ein Ballverteiler, in einer Formation, in der es keinen Zehner gibt. Vor zwei Wochen gegen Aston Villa (eine 0:1-Niederlage) ließ Arsenal erkennen, dass diese Formation auch in den Leerlauf geraten kann, mit Ballgeschiebe und links nach rechts und zurück. Doch Ceballos hat mit seiner Ballsicherheit und seinen vertikalen Bällen das Spiel von Arsenal belebt. (Seine kurzen Corner sind allerdings weiterhin ein Rätsel: Warum verzichtet Arsenal auf dieses probate Mittel? José Mourinho amüsiert sich darüber sicher köstlich. Tottenham schlug Arsenal kürzlich durch einen Kopfballtreffer nach Corner.)
Der Mann des Spiels aber war Aubameyang. Das entscheidende Tor erzielte er, indem er Zouma versetzte, eine Einzelleistung am Ende eines Spielzugs, der mit einem dynamischen Vorstoß von Bellerin begann. Aubameyang ist Kapitän, und er spielt wie einer: mannschaftsdienlich, effizient, inspirierend. Jetzt warten alle darauf, ob er seinen Vertrag verlängert. Selbst wenn er das nicht tut: Müsste man ihn unbedingt verkaufen? Er hat noch ein Jahr Vertrag, und seine Ablöse ist längst amortisiert. Nächstes Jahr wird er 32.
Aber die Vertragsangelegenheit hat natürlich stark symbolischen Wert. Wenn Arsenal Aubameyang diesen Sommer verkauft, dann gibt es im Kader keinen Superstar mehr. Außer Mesut Özil, der gestern nicht dabei war, wie auch Guendouzi, der unter Arteta anfangs viel gespielt hat, dem er dann aber das Vertrauen entzogen hat, und zwar offensichtlich endgültig. Özil ist nur für die Buchhaltung noch Arsenal-Spieler, und er wird es vielleicht noch ein Jahr bleiben.
Unabhängig von dem Spiel gestern war natürlich schon klar, dass die Arbeit von Arteta weitergehen soll. Er hat Arsenal bisher vor allem stabilisiert, zum Teil durch Aufwertung von Spielern, deren Grenzen auch weiterhin nicht zu übersehen sind (Mustafi, Xhaka, Luiz). Der Sieg im FA Cup ist ein wichtiger Akzent vor diesem Sommer mit einer kurzen Vorbereitung. Viel Geld für Verstärkungen wird es nicht geben. Immerhin haben Saka und Martinelli, zwei jugendliche Hoffnungsträger, sich langfristig an den Club gebunden.
Vor allem aber hat Arteta gezeigt, dass er mit einer instruierten Mannschaft auch individuelle Defizite aufwiegen kann. Arsenal ist derzeit weit davon entfernt, eine große Mannschaft zu sein. Aber es gibt Anzeichen dafür, dass das nächste Jahr interessant werden könnte.
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Kommentar von Jörg |
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