Der Arsenal FC hatte - gemeinsam mit Aufsteiger Fulham - die Ehre, die neue Premier League-Saison zu eröffnen: Samstagmittag in Craven Cottage, ohne Publikum. Es wurde ein souveräner 3:0-Sieg. Nach einem sehr merkwürdigen Sommer war das ein Zeichen dafür, dass Mikel Arteta nicht nur die Mannschaft, sondern bis zu einem gewissen Grad den ganzen Club neu ausrichtet.
Die Beförderung vom Head Coach zum Team Manager brachte das auch deutlich zum Ausdruck. Merkwürdig war der (kurze) Sommer, weil eine Weile ganz und gar nicht klar war, ob es einen plausiblen Plan für Verstärkungen gab. Zu diesem Zeitpunkt war allenfalls klar, dass Willian von Chelsea kommen würde - ein relativ hoch bezahlter 32Jähriger, der noch dazu von Kia Joorabchian vertreten wird. Das ist der Agent, dem zu diesem Zeitpunkt ein ungebührlich hoher Einfluss auf die Kaderplanung bei Arsenal nachgesagt wurde.
In diesen Tagen, in denen auch der Name Coutinho immer wieder fiel, konnte man beinahe den Eindruck gewinnen, dass die Arsenal-Spitze (Sportdirektor Edu und Sportmanager Raul Sanllehi) den Verein eher nach Gutdünken führten als mit einem klaren Plan. Der Hinauswurf wichtiger Scouts sorgte auch für Argwohn - nachdem Sanllehi früher ja auch schon den Kaderplaner Sven Mislintat beseitigt hatte.
Dann wurde aber Mitte August aus heiterem Himmel die Trennung von Sanllehi bekannt gegeben. Gründe wurden nicht genannt, allerdings hieß es einige Tage davor, dass die Verpflichtung von Pepe im Sommer 2019 "untersucht" wurde. Arsenal zahlte damals 72 Millionen Pfund für einen Offensivspieler, der im ersten Jahr große Anpassungsschwierigkeiten hatte. Und nun sollte mit Willian jemand wieder vor allem für diese Position kommen.
Die zweite Arsenal-Verpflichtung in diesem Sommer war gestern dann gleich zu sehen: Gabriel Magalhaes, ein Innenverteidiger, der für eine Zusammenarbeit mit William Saliba designiert ist. Für diese Position hatte Arsenal zwar kurz davor auch noch Pablo Mari gekauft, der aber zur Zeit verletzt ist, und auch nicht viel kostete. Dennoch, so richtig nach überlegtem Handeln sah das alles nicht aus.
Im letzten Saisonspiel gewann Arsenal schließlich den FA Cup und sicherte sich damit die Europa-League-Teilnahme. Trotz Platz 8 in der Premier League-Tabelle 2020 hinterließ die Saison damit einen gewissen Optimismus. Und gestern gegen Fulham gab es tatsächlich mehrere positive Indizien.
Am wichtigsten würde ich den Umstand nehmen, dass die Mannschaft neunzig Minuten lang hochkonzentriert wirkte und jederzeit zu wissen schien, was zu tun war. Das große Problem unter Arsene Wenger war ja sein naiver Glaube an das Vermögen begabter Spieler, die Aufgabe auf dem Platz schon irgendwie lösen zu können. Es zeigt sich aber immer wieder, dass Mannschaften umso besser funktionieren, je mehr sie instruiert sind. Arsenal unter Arteta ist eine sehr klar erkennbare Funktionseinheit.
Mit folgenden Modulen: ein spielstarker Torhüter, der mit der Dreierkette hinten keinerlei Scheu hat, auch unter Druck in und um den Sechzehner klare Pässe zu spielen, sodass Arsenal nun tatsächlich von hinten herauskommt. Unter Emery war das fast schon neurotisch gewesen, wie sehr die Spieler in solchen Momenten Panik schoben. Nun haben sie die Ruhe. Bellerin und Maitland-Niles spielen die Außenläufer, im Zentrum spielte gestern Elneny neben Xhaka. Vorne dann Lacazette als erster Presser, flankiert von Aubameyang und Willian.
Das dritte Tor trug dann schon Züge eines Trademark Moves: Willian spielt von ganz rechts aus dem offensiven Halbfeld einen langen Querpass zu Aubameyang, der von links zum Sechzehner zieht und mit einem Schlenzer abschließt. Saka hatte ihm zuletzt im Community Shield einen fast identischen Treffer ermöglicht.
Mit Özil ist das Tischtuch offensichtlich zerschnitten. Er wird noch bis Ende Juni 2021 seinen hochdotierten Vertrag behalten, aber nicht mehr spielen. Es sieht nicht danach aus, dass er sich zu einer anderen Lösung bereit erklärt, und zwingen kann man ihn nicht. Arsenal wird also noch ein weiteres Jahr sehr hohe Personalkosten haben, da wird eine Neustrukturierung wohl erst dann beginnen können.
Das heißt auch, dass der verhasste amerikanische Eigentümer Stan Kroenke offensichtlich diesen Sommer etwas zuschießt. Das aber könnte wieder mit der überzeugenden Arbeit von Arteta zu tun haben.
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