Seltsame Stimmung nach dem Heimsieg gegen den HSV. Eigentlich sollten wir ja aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen, andererseits war das so eine souveräne, fast schon kühle Leistung, dass man sich im Moment nicht so recht vorstellen kann, wie trübsinnig in Berlin vor kurzer Zeit alles noch war.
Das Exempel für die Veränderung ist Salomon Kalou. Heute war der Spieler zu sehen, den Hertha im vergangenen Sommer gekauft hat - ein Klassestürmer, der aber auch engagiert arbeitet. Den Führungstreffer erzielte er in einer Manier, die ihm in der Liga nur wenige nachmachen könnten: ein schönes Zuspiel von Weiser von halbrechts, Platz ist eigentlich nicht, aber Djourou bietet ihm einen Tanz an, Kalou verlagert Ball und Körper, die Lücke nützt er mit einem satten Flachschuss von der Strafraumgrenze.
Später präsentierte er Darida noch eine exzellente Chance mit einem Fersler, dann musste er frühzeitig vom Platz. Er ging hinaus als voll integrierter Teil einer Mannschaft, die eindeutig aus 14, 15, potentiell (mit den aktuell Verletzten) aus 18,19 guten Spielern besteht, wobei heute sogar Jens Hegeler wieder gebraucht wurde, weil nach der Verletzung von Stark mit Lustenberger nur noch ein Innenverteidiger da war.
Rune Jarstein deutete mit seiner Strafraumbeherrschung und der Spieleröffnung mit dem Ball am Fuß an, dass sich die Mannschaft mit ihm wohler fühlt als mit Thomas Kraft. Da könnte ein Härtefall auf die Entscheider zukommen, vorläufig würde ich Jarstein nicht ins zweite Glied zurückschicken.
Die linke Seite war mit Tolga Cigerci auf dem Flügel ein wenig unorthodox besetzt, und die meiste Zeit ging auch tatsächlich mehr über rechts, wo Weiser und Haraguchi immer besser zusammenarbeiten. Beide stehen für eine deutlich technischere Hertha, für ein trickreicheres Spiel, wobei auch die Defensivleute wie Skjelbred immer wieder zeigen, dass sie den Ball zu behaupten und zu verarbeiten wissen.
Cigerci war dann aber der Mann der entscheidenden Szene. Hertha hatte nach dem frühen Führungstreffer eher zurückhaltend weitergemacht, der biedere HSV bereitete auch wenig Probleme. Aber Mitte der Halbzeit zwei musste doch etwas getan werden, um dem Spiel eine eindeutige Richtung zu geben. Wieder war es Djourou, der sich "austanzen" (Ibisevic) ließ: Cigerci spielte von der Grundlinie ideal in den Fünfer, und dieses Mal musste der Mann, den Stuttgart wohl längst schmerzlich vermissen wird, nicht einmal wissen, wo das Tor steht. Er konnte nur in diese eine Richtung verwerten, alles andere wäre grotesk gewesen. 2:0.
Das 3:0, ein leicht verzerrtes Abziehbild des Konters aus dem Spiel gegen den VfB, hätte nicht zählen dürfen, wurde aber auch nur noch für die allgemeine Heiterkeit eines Großteils der 65000 Zuschauer gebraucht. Am Tag der deutschen Einheit zeigte Hertha, dass der Berliner Erstligist vielleicht doch irgendwann in der Lage sein könnte, sich dieser in vielerlei Hinsicht so großartigen Stadt ebenbürtig zu erweisen. Wir Fans tanzen unseren Herzschmerz weg, indem wir versuchen, den Kalou-Shake und den Cigerci-Knoten vor der Kiste nachzumachen. Sieht lustig aus. Sollte Schule machen.
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