Sieben Spiele hat die Saison noch. Für Hertha BSC geht es um nichts mehr, und doch könnte das heutige Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf richtungweisend werden wie nur selten eines. Im Falle einer neuerlichen Niederlage wäre nämlich das Debakel von Leipzig als richtungweisend bestätigt, und es wäre dann nur noch schwer dagegen anzukommen, dass auch diese Rückrunde wieder eine Unrunde zu werden droht.
Hertha muss also unbedingt gegen die Mannschaft gewinnen, die sie im November erst so richtig in die Spur gebracht hat, mit einem Totalausfall nach anfänglicher Dominanz. Heute droht ein Rückfall in die Tiefen der zweiten Tabellenhälfte, und die Minimalvariante des Saisonziels gerät allmählich auch außer Sichtweite. Zur Klarstellung: Hertha hatte ja nicht Platz 9 als Ziel ausgegeben, sondern einen einstelligen Tabellenplatz. Platz 9 wäre also im Rahmen des Saisonziels schon die enttäuschendste Variante.
Jetzt versuche ich das Ganze noch einmal unter positiven Vorzeichen: Mit einem Sieg gegen die Fortuna hätte Hertha heute die Möglichkeit, für die restlichen dann noch sechs Spiele ein gutes Vorzeichen zu setzen. Es geht nämlich keineswegs um nichts mehr, es geht beinahe um mehr als sehr viel - vor großen Worten sollte man sich im Fußball hüten, andernfalls wäre ich versucht, zu sagen: es geht um alles, jedenfalls, was die Ära von Michael Preetz anlangt.
Heute ist wohl die letzte Gelegenheit, der Mannschaft noch einmal so etwas wie eine Versuchung zu einem Momentum zu entlocken. Wenn das nicht gelingt, droht der Rest der Rückrunde in individuelle Projekte zu zerfallen: es sind einfach zu viele Spieler, auf die eine interessante Transferperiode warten könnte, und die Chance, gemeinsam ein Projekt zu skizzieren, ist im Grunde für dieses Jahr schon vertan.
Finanziell steht Hertha wieder ungefähr da, wo sie bei Abgang Dieter Hoeneß stand, bei gestiegenen Umsatzziffern und besserer Kaderstruktur, aber nichtsdestoweniger: die Verbindlichkeiten sind beträchtlich, die Investorenfrage(n) sind geostrategisch aufgeladen, die Berliner Stadtpolitik hat sich gerade in der Stadionfrage als kongenial zu dem Ungeschick von Hertha erwiesen.
Mit einem europäischen Wettbewerb hätte Hertha einen Anreiz gehabt, den interessantesten Kader seit langem nach Möglichkeit zusammenzuhalten. Bei einer Saison zum Vergessen, wie sie nun droht, wäre unter Umständen die gegenteilige Lösung zu erwägen: ein möglichst großer Ausverkauf, um mit 50-60 Millionen die gröbsten Schulden loszuwerden, und wieder einmal mit dem kleinsten Saisonziel Nichtabstieg und einer "Mijatovic-Mannschaft" von vorn anzufangen. Mit dieser Chiffre meine ich eine Mannschaft, die um ablösefreie, gestandene Kräfte ein pragmatisches Ensemble für kurzfristige Minimalziele versammelt. Wie es in den Wiederaufstiegssaisonen war.
Die angebliche Verpflichtung des belgischen Verteidigers Boyata wäre ein Indiz dafür, dass diese Option zumindest nicht auszuschließen ist. Niklas Stark rückt damit noch ein bisschen deutlicher ins Schaufenster.
Man soll mit dem Wort Schicksalsspiel vorsichtig sein. Aber Hertha BSC hat heute Nachmittag eines.
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