Holprige Ausrede

Pal Dardai hatte keine Lust, nach der Heimniederlage gegen Mainz groß etwas zu sagen. Die PK war kurz, er war extrem schmallippig, immerhin gab es eine Einordung: er hatte "das schlechteste Heimspiel" in seiner Amtszeit als Cheftrainer bei Hertha BSC gesehen. Wir auch!

Es war vielleicht das wichtigste Spiel in dieser Rückrunde, denn es hätte mit einer Bestätigung des Siegs in Leverkusen tatsächlich so etwas wie eine Absage an das Mittelmaß erkennbar werden können. Stattdessen hat die Mannschaft sich in fast schon provokanter Weise desinteressiert gezeigt.

Der sehr schlechte Rasen war sicher ein Faktor. Zuerst einmal auf der rein sachlichen Ebene. Man staunt, dass Hertha sich so etwas bieten lässt, ich weiß aber natürlich nicht, ob es eine Angelegenheit des Vermieters ist oder des Mieters. Eines ist sicher: für Hertha BSC ist dieser Rasen ein enormer Nachteil. Es ist zwar logischerweise so, dass er für beide Mannschaften der gleiche Rasen ist, behindert wird aber doch vor allem das Spiel, das zu machen wäre.

Übrigens ist das auch eine Angelegenheit, die bei der Stadiondiskussion eine Rolle spielen muss. Wenn man wirklich überlegt, das Oly umzubauen, würde das ja auch eine Absenkung des Spielfelds mit sich bringen - was das wiederum für die Belüftung etc bedeuten würde, muss alles eruiert werden.

Man kann jedenfalls relativ klar sagen, dass Hertha sich mit dem katastrophalen Spielfeld (auf dem seit Jahren gefühlt mindestens die Hälfte der Heimspiele stattfinden) massiv selbst schädigt. Dazu kommt der psychologische Faktor: Der Rasen dient als Ausrede, und zwar fast noch mehr vor als nach dem Spiel. So kommt überhaupt erst die Rhetorik von einem "Kampfspiel" zustande.

Es fand nicht statt. Mainz hatte die ganze erste Halbzeit hindurch mehr und bessere Chancen, und in der zweiten Halbzeit gab Hertha nach dem zweiten Gegentreffer im Grunde auf. Von den Rängen riefen die Leute: "Aufhören." Und die Spieler antworteten in Körpersprache: "Nichts wäre uns lieber."

Zyniker könnten jetzt sagen: Das Fehlen von Arne Maier konnte nicht kompensiert werden. Vermutlich ist das ratlose Gestochere aber für die 11 auf dem Rasen genauso mysteriös wie für uns, die wir von oben zuschauen, und die wir uns wundern, dass Marvin Plattenhardt seit Wochen meistens spielt, als hätte er alle WM-Hoffnungen längst begraben, dass Niklas Stark ein Fühungsspieler offensichtlich nur für eine U21 sein kann, usw. Das hat aber alles vor allem damit zu tun, dass Hertha sehr oft den Funken nicht findet, an dem sich ein Spiel beleben kann. Und dann kommt eben leicht etwas heraus wie Freitagabend: ein gähnendes Motivationsloch auf schlechtem Rasen.

Warum erweckt Hertha so oft den Eindruck, die Mannschaft wäre schlecht auf ein Spiel eingestellt? Pal Dardai deutet gelegentlich an, dass die Sache für ihn auch rätselhaft ist. Das lässt darauf schließen, dass sie etwas mit ihm zu tun hat. Spontan habe ich es gleich nach dem Spiel in einem Tweet auf die Formel gebracht: Die Mannschaft kann mit dem Druck nicht umgehen, den der Trainer ihr nicht macht.

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Kommentare

Kommentar von Jörg |

Wenn man von der Freude am Siegen abstrahieren könnte, so wäre das doch ein Spiel, das Freude gemacht hat, oder? Die Lücke im Mittelfeld war geschlossen, alle sieben Minuten (wahrscheinlich war es noch öfter) wurde eine gute Chance herausgespielt, und das mit schönen Kombinationen. Mir hat weniger Entschlossenheit gefehlt als Konzentration. Weiser wirkt momentan etwas abwesend, schon halb aus Berlin weg, er steht dann beim ersten Gegentor zu weit weg vom Mann. Und Lustenberger ist so ausgelernt und erfahren, da darf er nicht so breit gestreut in ein Tackling gehen. Meine Frage an Dardai wäre: warum hat er in der 60. Minute keine Wechsel vollzogen? Er hätte vielleicht mit einer frischen Kraft einem Konzentrationsverlust durch Erschöpfung vorbeugen können. Er hätte vielleicht dann auch auf den Matchwinner Hazard besser reagieren können. Ich würde denken, dieses Spiel wurde nicht in der Offensive nicht gewonnen, sondern in der Abwehr verloren. für mich war´s bitter-süß, insgesamt.

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