Zwei "Big Fucking Germans" und ein schmächtiger Blonder aus dem Tal des Flusses Tame könnten am kommenden Samstag die Dreierkette des FC Arsenal im FA Cup-Finale gegen Manchester City bilden. Immer vorausgesetzt, Arsène Wenger bleibt bei seiner späten Entdeckung dieser taktischen Formation, dann könnten Rob Holding, Shkodran Mustafi und Per Mertesacker die defensive Kernarbeit übernehmen. Laurent Koscielny wird wegen einer Sperre nicht zur Verfügung stehen (er wurde am Sonntag beim 3:1 gegen Everton wegen einer groben Grätsche ausgeschlossen), Gabriel Paulista hat sich im selben Spiel verletzt.
Die gute Form auf der Zielgerade (sieben Siege aus acht Spielen seit der vorentscheidenden Niederlage gegen Crystal Palace) hat Arsenal nichts mehr genützt, denn die direkten Gegner haben am Sonntag ihre Aufgaben erledigt, sodass zum ersten Mal unter der gefühlt ewigen Herrschaft von Wenger die Qualifikation für die Champions League versäumt wurde. Arsenal spiel Europa League, wie hoffentlich auch Hertha. Ein direktes Duell wäre natürlich das Höchste für mich.
Welches Arsenal allerdings im Sommer dann die Tournee durch die kleineren Stadien antreten wird, das ist im Moment schwieriger abzusehen denn je. Die Entscheidung über (oder doch von?) Arsene Wenger ist nicht vor kommender Woche zu erwarten, dann beginnen auch die Verhandlungen über den Kader für die nächste Saison. Man geht wohl nicht fehl, wenn man die starke Ansage von Uli Hoeneß (das "Granaten"-Orakel) zum Beispiel auf Alexis Sanchez bezieht, der in London nur noch ein Jahr Vertrag hat.
Die sportliche Planung findet vor dem Hintergrund einer viel grundsätzlicheren Entscheidung statt: Wem soll der Arsenal FC überhaupt künftig gehören? Bisher ist die Eigentümerstruktur im Wesentlichen so: der amerikanische Magnat Stan Kroenke (mit seiner Beteiligungsfirma KSE UK) hält gut 67 Prozent der Anteile, während der russisch-usbekische Oligarch Alisher Usmanow bei 30 Prozent feststeckt - er würde aber sehr gern den ganzen Club übernehmen. Kroenke verkündet, er wolle langfristig investiert bleiben, also nicht verkaufen.
Für alle, die sich auch ein bisschen für die Herkunft von Reichtümern interessieren, ist eine aktuelle politische Auseinandersetzung in Russland von Interesse. Da hat Usmanov sich nämlich gerade wieder einmal positioniert, und zwar eindeutig auf der Seite der kleptokratischen Eliten, indem er für den Premierminister Medwedew Partei nahm. Der steht nach einem Video unter Druck, mit dem der Oppositionspolitiker Nawalny versucht hatte, ihm Besitztümer nachzuweisen, die er auf legitimem Wege nicht erworben haben könnte.
Anders als etwa Roman Abramowitsch, dem viel daran liegt, seinen nicht minder dubiosen Reichtum allmählich reinzuwaschen, steckt Usmanow tief in den Strukturen des postsowjetischen Staatsprivatismus (so nenne ich das mal, ein System der privaten - räuberischen, lateinisch: privare - Bereicherung durch Bewirtschaftung öffentlicher Ämter). Er verkörpert geradezu idealtypisch das Janusgesicht des osteuropäisch-zentralasiatischen Magnatentums, das im Westen gern wohltätig auftritt, in der Heimat aber Despoten unterhält.
Ironischerweise vertritt Usmanow für Arsenal eine Position der Vernunft. Wie er sich die "transition" vorstellt, das macht Sinn: "Es braucht eine gewisse Kontinuität. Ein Nachfolger für Arsène Wenger muss auf respektvolle Weise vorbereitet werden. Ich würde vorschlagen, dass Wenger selber einen Nachfolger aufbaut." Besser hätte man es nicht sagen können. Allerdings steht dem ein wichtiges Hindernis gegenüber: Arsène Wenger.
Seit das Arsenal-Board 2007 seinen Vertrauten David Dein vor die Tür gesetzt hat, ist Wenger mit seiner Machtfülle vollkommen allein. Und es deutet nichts darauf hin, dass er in der Lage oder willens wäre, irgendwie systemisch auf den schleichenden Niedergang bei Arsenal zu reagieren.
Usmanow biedert sich den Fans auch immer wieder damit an, dass er große Investititonen in den Kader verspricht für den Fall, dass man ihm den Club überließe. Dabei ist das Personal nicht das zentrale Problem. Arsenal hätte genügend Geld für kluge, strategische Verstärkungen, ohne deswegen in einen Wahnsinn wie Manchester United (Mourinho, Ibrahimovic, Pogba) zu verfallen. Das Problem ist nur, dass Wenger die Kaderplanung jedes Jahr nur halb erledigt hat. Er hat ja investiert, aber nie so, dass er dabei alle Probleme der Mannschaft im Zusammenhang gesehen hätte.
So hat er Özil zum Beispiel anfangs fast ein Jahr lang die zentrale Rolle verweigert, so hat er ewig keinen Sechser gekauft, bis er dann in dieser Saison Granit Xhaka holte, nur um ihn über mehrere Monate mit seinen Anpassungsschwierigkeiten vollkommen allein zu lassen. Lucas Perez ist ein interessanter Stürmertyp, aber er bekam gar keine Chance, weil Wenger sich dieses Jahr über viele Wochen hinweg einbildete, Sanchez müsste zentrale Spitze spielen.
Es gibt auf jeden Fall begründete Zweifel an den Fähigkeiten von Arsène Wenger, eine absolute Topmannschaft zu formen und zu führen. Für die erweiterte Spitze reicht es aber immer noch, und wenn man damit zufrieden ist unter den Verantwortlichen, dann sollte man seinen Vertrag verlängern. Wenn nicht, dann wäre vielleicht der Ratschlag von Usmanow zu beherzigen. Oder aber man macht einfach so weiter wie in den letzten paar Jahren. Irgendetwas wird auch so herauskommen, und Abstiegsgefahr droht allenfalls aus der erweiterten europäischen Elite.
Kommentare
Einen Kommentar schreiben