Murmel, Murmel

In einer englischen Zeitung steht heute zu lesen, dass Arsenal gern Marco Reus verpflichten möchte. Nächstes Jahr. Das ist die passende Meldung (auch, weil sie zu großen Teilen aus Hörensagen und Vogelfluglektüre besteht) zur Transferperiode Sommer 2014 für Arsenal-Fans. Am Ende war wieder einmal alles wie gehabt: In letzter Sekunde wurde noch ein Stürmer verpflichtet. Danny Welbeck kam für 16 Millionen Pfund von Manchester United. Das war ein Manöver, das wegen der schweren Verletzung von Oliver Giroud nötig geworden war.

Die von den meisten Experten als strategisch wichtig erkannten Stellen blieben hingegen unbesetzt. Im defensiven Mittelfeld und in der Verteidigung ist die Personaldecke dünn. Es sei denn, man setzt große Hoffnungen in Calum Chambers, der von Southampton kam, und der Innenverteidiger, rechter Außendecker und auch Sechser spielen kann. Er ist 19 Jahre alt, hat in diesem Jahr schon mehrfach beeindruckt, aber ist er wirklich die Lösung, wenn es gegen Chelsea und später im Jahr vielleicht wieder gegen einen echten Spitzenclub in der CL geht?

Es ist schon interessant, wie ein Manager einem Club seinen persönlichen Stempel aufdrücken kann, wenn die Strukturen nicht stimmen. Bei Arsenal ist Arsène Wenger ja Coach und Sportdirektor in einer Person. Am Montag, der in England vom zuständigen Fernsehkanal als "manic monday" vermarktet wird, war Wenger in Rom, um bei einem Wohltätigkeitsspiel für den Frieden als Schiedsrichter zu fungieren. Das ist eine hübsch souveräne Geste, um die Hysterie von Sky ins Leere (oder zum falschen Gate in Heathrow) laufen zu lassen.

Doch es ist auch ein Zeichen von Überheblichkeit. Wenn die Arbeit nicht getan ist, sollte man nicht so tun, als wäre Zeit für Nebensachen. Für Arsenal war dies ein erwartungsvoller Sommer, nach dem Gewinn des FA Cups und den positiven geschäftlichen Nachrichten. Die Verpflichtung von Alexis Sanchez war ein Signal, denn sie erfolgte früh, sie betraf einen Spieler, den andere Clubs auch wollten, und sie deutete darauf hin, dass in diesem Sommer vielleicht planvoller gehandelt werden könnte als in den vergangenen Jahren.

Der Transfer von Calum Chambers folgte bald darauf, ein typisches Wenger-Manöver, der gern britische Hype-Talente im Alter von 17, 18 oder 19 Jahren kauft (Walcott, Ramsey, Oxlade-Chamberlain), und dann sieht, ob und wie sie sich entwickeln. Ich bin wirklich begeistert von Chambers, er wirkt jetzt schon sehr erwachsen, seine Physis ist beeindruckend, und seine Einstellung, so weit man sie aus seiner Spielweise erschließen kann, zeugt von Selbstbewusstsein.

Aber er kann auch nur auf einer Position spielen, und eigentlich hätte Arsenal zwei Spieler gebraucht. Für meine Begriff einen Ersatz für Mertesacker, und einen für Arteta. In beiden Fällen kann Flamini notfalls aushelfen, doch der Franzose, den ich schätze, dessen Grenzen aber auch nicht mehr zu übersehen sind, ist eben eine Aushilfe.

Wer im Fußball auf der allerhöchsten Ebene mitspielen will, muss schon ganz schön Vorsorge treffen. Das ist es, was die Arsenal-Fans so frustriert. Denn Wenger macht zwar jedes Jahr etwas, aber er macht immer nur halbe Sachen. Letztes Jahr setzte er, in einem besonders spektakulären Vabanque-Akt, alles auf Mesut Özil, und bekam einen Spieler, der für die Premier League einfach ungeeignet zu sein scheint. Das Spiel gegen Leicester am vergangenen Sonntag sah jedenfalls wieder einmal sehr danach aus.

Wenger sieht inzwischen selber ein, dass Özil Probleme hat. Deswegen setzt er ihn zunehmend "out of position" ein, meistens links auf dem Flügel, wo er ohnehin nicht bleibt, wo er aber immerhin noch defensive Aufgaben vernachlässigen kann. Nach vernünftiger Planung sieht das alles nicht aus. Insofern würde die Nachricht mit Marco Reus sogar passen. Denn sie betrifft einen Spieler, für den Arsenal eigentlich gar keinen Platz hat. Deswegen sind die Chancen tatsächlich groß, dass er verpflichtet wird.

Einen Defensivmann, der Autorität mit Kompetenz verbindet, muss man natürlich auch erst einmal finden. Bei Arsenal musste man allerdings den Eindruck haben, dass sie gar nicht wirklich gesucht haben. Kein Wunder, dass jetzt wieder das Wort von Groundhog Day die Runde macht. Nach den halben Sachen von Arsène Wenger kann man wirklich inzwischen den Wecker stellen.

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