Das torlose Remis im Heimspiel gegen Augsburg war ein besonderes Spiel, weil Hertha gewissermaßen auf einen Doppelgänger traf. Coach Luhukay war davor in Augsburg tätig, sein Nachfolger Markus Weinzierl hat dann zwar die Mannschaft umgebaut (gar nicht so sehr personell), aber die Darbietung war eindeutig von der Art, mit der auch Hertha immer wieder den Gegnern das Spiel verdirbt. Man könnte auch sagen, es war am Samstag eine Kopie des Gladbach-Spiel abzüglich den Treffer durch Ramos, der damals nach einem Eckball fiel. Aus unerfindlichen Gründen werden diese Bälle momentan nicht mehr so gut getreten wie noch vor einer Weile. Aber das ist nur ein Detail von vielen, die dazu beitragen, dass etwas fehlt. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung einer nun doch schon veränderten Anspruchshaltung, einer Tabellenposition im oberen Mittelfeld, einem Wissen, dass Hertha konzeptionell in der Liga mithalten kann. Es fehlt nicht viel, aber etwas Substantielles.
Augsburg auswärts war interessanterweise auch das Schlüsselspiel in der Abstiegssaison vor zwei Jahren, damals hatte das Team von Luhukay eine Stunde lang die Hosen voll, bevor Hertha der zugegeben dünne Faden riss, und Oehrl ihr Schicksal mehr oder weniger besiegelte. Das Schicksal bedeutete: zweiter Abstieg, grundsätzliche Verpuppung, Erlösung durch Luhukays Nononsense. Wo ist Oerhl heute? Bei Braunschweig ohne Stammplatz. Wo ist Ausgburg heute? In der ersten Liga relativ erabliert, nicht weit hinter Hertha, im Mittelfeld.
Dies mit einer Stilistik, die gestern im Olympiastadion doch stark nach Auswärtsausterität aussah. Ein Punkt war eindeutig das Maximalziel, alles war dem Ziel untergeordnet, Hertha nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. Und so ergab sich ein Spiel, in dem es auf ein paar wenige Situationen ankam, in denen ein Ansatz von Tempo ins Spiel kam. Augsburg machte die Räume nämlich doppelt eng, durch Anlaufen und Zustellen, und durch eine relativ hohe Linie. Hertha versuchte hartnäckig, aber erfolglos, ein wenig Tempo ins Spiel zu bringen. Der riskantere, vertikale Pass wurde selten gespielt, es fehlten auch die entsprechenden Läufe, es war ein Frustrationsspiel.
Wer fiel auf? Die Zeitungen heben Hosogaj hervor, der nach der Verletzung von Langkamp in die Innenverteidigung rückte. Er war auch wirklich sehr gut, insgesamt funktioniert die Defensivachse weiterhin exzellent. Schlüsselspieler war allerdings für meine Begriffe Cigerci, für den Luhukay inzwischen eine Rolle gefunden hat, und der in diese auch wirklich hineinwächst. Er könnte die Berliner Entsprechung zu Aaron Ramsey werden, der allerdings zwei Saisonen intensiver Arbeit an sich selbst brauchte für die Brillanz in dieser Saison. Ich meine damit einen Spieler, der im Grunde noch zur defensiven Hälfte der Mannschaft gehört, der aber auch vorbereitet und sogar selbst abschließt. Einer von Weinzierls Schachzügen war gestern eindeutig, das Flügelspiel von Hertha zu unterbinden. Van den Bergh und Pekarik waren wirkungsloser als sonst, Ben-Hatira hatte Mühe, Ndjeng hatte noch am ehesten Szene. So war es Cigerci, der ein paar Mal Räume da draußen fand, aber auch er wurde in der Regel abgedrängt. Es gab allerdings ein paar Freistöße, die jedoch nicht genützt wurden.
Das hat auch damit zu tun, dass Luhukay offensichtlich mit Ronny schon fertig hat. Er setzte neuerlich auf Mukhtar als Einwechselspieler, der allerdings wirkungslos blieb, wie auch Schulz. Skjelbred wirkt ein wenig erschöpft, Niemeyer ist nicht der Mann für den öffnenden Pass, so bleibt derzeit ein nicht ganz gelöstes Offensivpuzzle mit vielen vielseitigen Spielern, die an vielen Rädern drehen, ohne dass daraus ein Werk wird. Cigerci, der immer interessanter wird, könnte der Schlüssel werden: ein Achter mit Ausstrahlung in alle Richtung.
Für ein Spiel gegen einen Doppelgänger ist ein 0:0 eigentlich das erwartbare Ergebnis. Wenn sich die Saisontendenz bestätigt, dann holt Hertha im Rückspiel einen Dreier. Und dann wäre auch das Ungemach vom Februar 2012 endgültig Geschichte.
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