Tennis, anyone?

Irgendwann in der zweiten Halbzeit am Samstag während des Auswärtsspiels von Hertha BSC beim 1. FC Magdeburg konnte ich mich nicht länger zurückhalten, und setzte einen Tweet mit einer (naheliegenden) Pointe ab: Dieses Match geht in den Tiebreak. Da stand es 4:4. Ich befand mich unter Heimpublikum, musste also diskret bleiben, vier Mal hatte ich davor innerlich gejubelt, vier Mal aber auch diesen Stich empfunden, den es immer setzt, wenn man ein Gegentor bekommt. Es war meine erste Fahrt mit Hertha seit sehr langer Zeit, das Publikum in Magdeburg macht gut Stimmung, die Herthaner mir gegenüber waren auch sehr präsent.

Am Ende hatte sich Magdeburg mit 6:4 durchgesetzt, auch das ein Tennis-Ergebnis. Hertha hatte nichts mehr zuzusetzen, nachdem die Mannschaft erstmals in Rückstand geraten war, durch einen prächtigen Fernschuss, den Pal Dardai später in der Pressekonferenz zu Unrecht als "Sonntagsschuss" verunglimpfte. Er hatte mit seinen Wechseln selbst dazu beigetragen, dass Hertha niemals in die Nähe von Spielkontrolle kam.

Bouchalakis für Dudziak zur Pause, dafür gab es keinen dringenden Grund, es sei denn, man hielte Bouchalakis für den besseren Defensivmann, wofür es nicht viele Anhaltspunkte in Halbzeit zwei gab. Die Personalie zeigt etwas von dem Grundproblem auf, das Hertha in dieser Umbruchssituation zu verzeichnen hat: Benjamin Weber hat einen Kader mit vielen Optionen erstellt, aber die Qualitätsunterschiede sind gering. Einzig Tabakovic ragt nicht nur körperlich heraus: sein Einsatz, sein Geschick, seine Physis, all das gibt der Mannschaft Halt, und trug sie beinahe im Alleingang durch eine chaotische erste Hälfte.

Ansonsten spielt fast jeder nach dem Prinzip Licht und Schatten. Reese, Karbownik, Dudziak. Begabt, aber halt auch sehr fehlerhaft. Marton Dardai gefällt mir im zentralen Mittelfeld in Ansätzen gut, er sollte mit Dudziak am Teamwork arbeiten. Vermutlich wird er aber wohl eine Reihe weiter hinten gebraucht, oder aber Gechter findet sich dort in seine Rolle. Ich würde ihn als Mittelfeldspieler weitermachen lassen, er kann Pässe, die man in Liga 2 nicht oft sieht.

Hertha riskiert viel mit seinem Slogan Aus der Not eine Jugend machen (der im Umkehrschluss ja auch so lesbar ist: wir bringen unsere Jugend in Not). Nach den ersten fünf Spielen kann man sehen, dass eine interessante Mannschaft da ist, der es aber derzeit noch fast an allem fehlt: an Kohäsion vor allem.

Nach dem Ende der Transferperiode und den ersten Spielen sehe ich vorläufig folgende erste Elf als Ausgangspunkt für mögliche Entwicklungen:

Ernst. Karbownik - Gechter - Leistner - Pekarik/Zeefuik. Bouchalakis - Marton Dardai - Dudziak. Reese - Takabovic - Winkler (Palko) Vielleicht kann eine Achse Leistner - Bouchalakis - Tabakovic für Ruhe sorgen, der Grieche macht allerdings das Spiel langsam. Wir werden diesen wilden Haufen noch eine Weile beobachten müssen, um irgendwelche Schlüsse zu ziehen. Es ist aber jedenfalls eine der spannendsten Phasen, an die ich mich bei Hertha erinnern kann. Und eine Auswärtsfahrt nach Magdeburg muss man im deutschen Fußball auch einfach einmal erlebt haben.

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